Die kleine Runde - ein paar abschließende Worte, ein paar Mitbringsel und ein paar Zahlen

Es ging einmal rum um die Welt…

Da sind sie nun rum, die zwei Jahre… Und sie gingen schnell vorbei. Als ich wieder in Berlin ankam, fühlte es sich nicht so an, als sei ich so lange unterwegs gewesen. Alles wirkte sofort wieder dermaßen vertraut. Aber sobald ich einen Blick in die Bilderordner oder in das Reisetagebuch werfe, wird mir sofort wieder bewusst, was ich in diesen zwei Jahren eigentlich alles erleben durfte!

Alle Arten von Emotionen waren Begleiter dieser Reise. Diese zwei Jahre beeinhalteten einige der schwersten, aber in erster Linie eine ganze Menge der schönsten Momente meines Lebens. Nichts war so beständig wie die Planänderung. Kriege, Krisen, Aufstände oder auch schlichtweg nur die Jahreszeiten zwangen mich häufig zu völligen Neuplanungen. Die Durchquerung Indiens war Teil von Plan B, die Durchquerung der Arabischen Halbinsel war Teil von Plan C. Als ich im März 2022 auf diese Reise startete, hätte ich mir niemals vorstellen können, dort Fahrrad zu fahren. Rückblickend gehörten aber gerade Indien und Saudi-Arabien zusammen mit Südostasien zu den eindrucksvollsten Abschnitten dieser ganzen Weltumrundung überhaupt! Das letzte, was man für eine Radreise um die Welt benötigt, ist daher ein detaillierter Plan. Der geht eh eher früher als später den Bach runter. Aber gerade abseits jeder Planung warteten oft die magischsten Momente überhaupt. Am Ende dieses Absatzes befindet sich eine Collage mit einigen der wundervollen Begegnungen der Reise. Keine einzige dieser Begegnungen war so vorher geplant.

Diese Reise führte mich durch Sandwüsten und den Regenwald, durch weite Ebenen und über hohe Berge, durch einsame Landstriche und Megastädte. Nur ganz selten sah eine Landschaft so aus, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Ab Bulgarien war alles für mich Neuland, bis ich in Frankreich wieder bereits bekanntes Terrain erreichte. Wie beginnt eigentlich eine Wüste? Wie sieht es in der extrem dicht besiedelten Gangesebene aus? Wie fühlt sich der Regenwald an? Nun weiß ich es. Man kann noch so viel vorher darüber lesen, noch so viele Fotos und Videos darüber anschauen: vor Ort fühlt es sich dann doch ganz anders an.

Von einer vorübergehenden Festnahme, einer möglichen Beinaheattacke durch einen wilden Elefanten und einigen recht engen Überholmanövern abgesehen hatte ich keine größeren besorgniserregenden Vorfälle und damit auch viel Glück. Ich möchte an dieser Stelle jenen Radreisenden gedenken, die auch auf ihr großes Abenteuer aufbrachen, davon aber nicht mehr zurückkehrten. Drei solcher Fälle sind mir in den vergangenen zwei Jahren bekannt geworden. Dem gegenüber stehen Tausende, die das größte Abenteuer ihres Lebens erleben durften. Niemand sollte sich daher meiner Ansicht nach von einem solchen Vorhaben aufgrund von Sicherheitsbedenken abhalten lassen. Ein gewisses Risiko lauert immer und überall, egal ob wir brav zu Hause bleiben oder in die entlegenden Winkel dieser Welt aufbrechen.

Nun möchte ich mich von ganzem Herzen bei allen Menschen bedanken, denen ich auf dieser Reise begegnet bin und die diese Erfahrung so einmalig gemacht haben. Ich habe so unglaublich viel Gastfreundschaft, Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit erlebt! Ich bin euch zu ewigem Dank verpflichtet!

Schön war’s…

Ein paar Dinge, die mit mir nach Deutschland kamen

Auf einer Radreise kann man aus Gewichts- und Platzgründen nicht gerade viele Andenken mitnehmen. EIn paar Kleinigkeiten haben sich in den zwei Jahren aber dennoch angesammelt, andere Gegenstände wurden irgendwo zurückgelassen. Hier stelle ich eine Auswahl von Dingen vor, die während der Reise dazu kamen.

Das Laufshirt vom Tuz Gölü: Südlich von Ankara machten Sonja und ich eine kurze Pause an einer Tankstelle, als wir von Ugur aus Istanbul angesprochen wurde. Er war gerade zusammen mit seiner Familie auf dem Weg zur einem Laufevent auf dem Salzsee Tuz Gölü, wo wir dann mitten im Camp der hunderten von Läufern zelteten und den Abend mit Ugur und seiner Familie verbrachten. Zum Schluss gab mir Ugur das T-Shirt, welches an die Starter des Laufes ausgegeben wurde.

Das Blatt des Mahabodhi: In der Gangesebene in Nordindien befinden sich die wichtigsten Pilgerstätten des Buddhismus. Dort liegt auch die Wiege dieser Philosophie. In Bodhgaya im Bundesstaat Bihar steht der Mahabodhi, eine Pappel-Feige an der Stelle, an welcher Buddha unter einem solchen Baum die Erleuchtung erlangt haben soll. Buddhisten aus aller Welt kommen hierher, um zu meditieren und diesem Ort ihre Ehrerbietung zu erweisen. Je nachdem, woher sie kommen, tun sie dies sehr unterschiedlich. Manche stehen und rezitieren Mantras, manche knien auf dem Boden, manche legen sich flach hin. Ab und zu fallen nach einem Windhauch Blätter vom Mahabodhi, welche von den Anwesenden ausgesammelt werden. Ich konnte zwei dieser Blätter aufheben, welche ich dann zwischen den Seiten der serbischen Zolldokumente (für die Rohloff-Ersatzteile…) trocknete. Eines der beiden Blätter gab ich einem Buddhisten Radler in Thailand, eines brachte ich mit nach Deutschland.

Der Batu Solar (“Sonnenstein”): In Padang Aro im Westen Sumatras (Indonesien) traf ich Syaf und seine Familie. Zuerst zeigte er mir seine kleine Kautschukplantage, dann schraubten wir an seinem Fahrrad. Zum Abschied gab Syaf mir einen Ring, der einen “Batu Solar” trägt. Die Männer in Westsumatra tragen diese Ringe mit diesem Stein, der in den lokalen Bergen des Barisangebirges gewonnen wird, im Alltag.

Jade’s Batik-Zeichnung: Auf Java war ich gemeinsam mit Jade unterwegs. Nachdem wir auf einem Lastwagen von Bandung nach Yogya (Yogyakarta) getrampt waren, machten wir in der Stadt an der Südküste einen Tag Pause und lernten die ersten Schritte im Batik-Zeichnen. Jade’s Batik-Tuch fand seinen Weg in meine Packtaschen.

Der Krug aus Hobbiton: Auf der Nordinsel Neuseelands besuchte ich das bekannte Filmset von “Hobbiton”. Ein Teil des Geländes war aber aufgrund von Bauarbeiten gesperrt - als Wiedergutmachung bekam jeder Besucher einen solchen Krug. Ich wollte dann schauen, ob ich ihn in einem Stück bis nach Deutschland bringen kann. Und tatsächlich überlebte er über 12.000 Fahrrad-Kilometer zwischen Klamotten und Kocher unbeschadet.

Eine Münze aus jedem Land: Aus jedem Land nahm ich eine Münze mit. DIe Exemplare aus Serbien und der Türkei verlor ich leider irgendwo in Thailand. Aus Nepal konnte ich nur einen Schein mitnehmen, da Münzen dort nicht mehr im Umlauf sind. Am bemerkenswertesten ist aber sicherlich die Münze aus Fidschi, welche farbig bedruckt ist.

Das Buch aus Ozeanien: Gerade Bücher sind eher nur temporäre Begleiter auf einer langen Radreise, so lang bis sie irgendwo gegen ein anderes getauscht werden. Aber als Alex mir in Nadi auf der Hauptinsel Fidschis ein Buch über den Werdegang einer Frau aus Kiribati gab und mich bat, es mit nach Deutschland zu nehmen, sagte ich natürlich nicht Nein.

Der “Credencial”: In Spanien radelte ich erst weitgehend parallel zur Via de la Plata und dann zum Camino Francés, beides Äste des Jakobsweges. In vielen Pilgerherbergen ist das Übernachten aber nur mit einem Pilgerausweis, dem “credencial”, möglich. In Mérida konnte ich dann im dritten Anlauf meinen credencial erwerben.

Die kleine Runde in Zahlen

Mit dem Fahrrad zurückgelegte Strecke: 36.000 Kilometer

Mit dem Fahrrad bewältigte Steigung: 212.000 Höhenmeter

Länderstatistik:

  1. Vereinigte Staaten: 6710 km, 89,5 Tage

  2. Indonesien: 3190 km, 58,5 Tage

  3. Indien: 2910 km, 51,0 Tage

  4. Türkei: 2610 km, 67,0 Tage

  5. Saudi-Arabien: 2530 km, 52,0 Tage

  6. Polen: 2320, 40,0 Tage

  7. Deutschland: 1470 km, 29,0 Tage

  8. Malaysia: 1400 km, 21,0 Tage

  9. Spanien: 1390 km, 27,0 Tage

  10. Frankreich: 1380 km, 17,0 Tage

  11. Thailand: 1280 km, 22,5 Tage

  12. Vereinigte Arabische Emirate: 830 km, 44,0 Tage

  13. Neuseeland: 810 km, 17,5 Tage

  14. Fidschi: 800 km, 16,0 Tage

  15. Bulgarien: 690 km, 16,9 Tage

  16. Israel: 670 km, 20,5 Tage

  17. Serbien: 580 km, 36,0 Tage

  18. Georgien: 530 km, 21,0 Tage

  19. Ungarn: 490 km, 8,0 Tage

  20. Tschechien: 470 km, 6,0 Tage

  21. Nepal: 460 km, 12,0 Tage

  22. Jordanien: 370 km, 18,0 Tage

  23. Niederlande: 350 km, 3,0 Tage

  24. Portugal: 350 km, 7,5 Tage

  25. Oman: 340 km, 8,5 Tage

  26. Armenien: 340 km, 15,0 Tage

  27. Belgien: 230 km, 3,0 Tage

  28. Zypern: 150 km, 8,5 Tage

  29. Slowakei: 120 km, 5,0 Tage

  30. Österreich: 100 km, 1,0 Tag

  31. Westjordanland: 90 km, 2,0 Tage

  32. Singapur: 50 km, 4,0 Tage

  33. Griechenland: 40 km, 0,1 Tage

Dies und das:

Gesamtdauer von München bis Berlin: 748 Tage (da war halt ein gewisser Umweg…)

Tage ohne Fahrradfahren: 275

Anzahl der Flüge: sechs

Anzahl der Fährfahrten: siebzehn

Anzahl der gespürten Erdbeben: drei

Anzahl der Tornadowarnungen: zwei

Höchster Punkt: 2507 m (Emory Pass, New Mexico, USA)

Tiefster Punkt: -430 m (Totes Meer, Westjordanland)

Höchste Temperatur: ca. 42 °C (Indien)

Tiefste Temperatur: ca. -5 °C (Texas, USA)

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Von Bordeaux nach Berlin - die “kleine Runde” ist vollendet